Rede im Landtag: Konzept für den Umgang mit Bibern

Biber Braunschweig Julia Retzlaff Landtag

Der Biber ist wieder heimisch bei uns in Niedersachsen und im Braunschweiger Raum! Auch an unserer Oker und unserer Schunter lässt sich das streng unter Naturschutz stehende Nagetier wieder nieder. Als Ökosystem-Ingenieur schafft der 🦫 Biber mit seinen Dämmen und Burgen Lebensraum für weitere bedrohte Tierarten und Pflanzen. Untersuchungen zeigen, dass Biber sogar einen positiven Einfluss auf die Neubildung des Grundwassers haben. Damit schützen die Umwelt aktiv vor den Effekten des Klimawandels. Aber es können auch Schäden durch den Bau von Dämmen und Burgen entstehen, z.B. Überschwemmung landwirtschaftlicher Flächen oder Unterhölung von Dämmen. Deshlab bringe ich als naturschutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion unseren Koalitionsantrag über ein Konzept für den Umgang mit Bibern ein.

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Meine Rede im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Ergebnis einer intensiven Bejagung bis ins 19. Jahrhundert galt der Biber lange Zeit in Deutschland als nahezu ausgestorben. In den 80er- und 90er-Jahren gab es ihn als sympathisches Maskottchen für Zahnpasta oder für Baumärkte. Aber in freier Natur war er wenig auffindbar. Seit einigen Jahrzehnten kommt das größte Nagetier Deutschlands langsam zurück – in Süd- und Ostdeutschland mittlerweile in stabilen Populationen, in Niedersachsen schrittweise, aber stetig wachsend.

Laut NLWKN leben in Niedersachsen mittlerweile an Gewässern wie Elbe, Ems, Hase, Leine oder Oker etwa 500 Tiere in knapp 230 Revieren. Das ist eine wirklich positive Entwicklung für den Artenschutz und in Zeiten zunehmender Trockenheit und zugleich von Starkregenereignissen auch für den Klima- und Hochwasserschutz; denn der Biber schafft als Ökosystemingenieur mit Fällungen von Weichgehölzen, dem Bau von Dämmen und Burgen und dem Aufstauen von kleinen Teichen nicht nur für sich, sondern auch für viele andere Tiere und Pflanzen einen geeigneten Lebensraum.

Untersuchungen zeigen, dass die Arbeiten des Bibers auch erheblich Effekte auf das Abflussverhalten und das Grundwasser ganzer Gewässereinzugsgebiete haben können. Biberdämme können extreme Abflüsse in Bächen und unterhalb gelegener Flüsse dämpfen und Hochwasserspitzen kappen.

Die gebildeten sogenannten Biberteiche sorgen für einen Rückhalt des Wassers in der Landschaft und die Neubildung von Grundwasser. Damit können Biber uns helfen, die Resilienz der Gewässer gegenüber den Effekten des Klimawandels zu erhöhen und einen wesentlichen Beitrag im Sinne der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und des Hochwasserschutzes zu leisten.

In unserer intensiv genutzten und durch den Menschen geformten Kulturlandschaft bringt der wachsende Bestand der Tiere aber auch Nutzungskonflikte mit sich. Durch die Aktivitäten der Biber können Uferböschungen und Deiche destabilisiert werden, ihre Dämme können den Wasserabfluss beeinträchtigen, Ackerflächen überschwemmen und mitunter auch Schäden an Fischteichen und Kläranlagen verursachen. Ihre Nageaktivitäten können zu umstürzenden Bäumen über Straßen, Stromleitungen oder Gebäude führen. Betroffen sind also Anliegende der Gewässer, die Landwirtschaft, die Wasserwirtschaft oder die Verkehrssicherungspflichtigen.

Nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und dem Bundesnaturschutzgesetz ist der Biber eine streng geschützte Tierart. Auch seine Baue und Dämme unterliegen damit besonderem Schutz. Das stellt Anliegende der Gewässer und Unterhaltungsverbände vor Herausforderungen, auf diese Problemstellungen zu reagieren. Entscheidend für die Eingriffsmöglichkeiten für die Unterhaltspflichtigen kann z. B. sein, ob es sich lediglich um Übungsdämme weiterziehender Tiere handelt, oder ob der Biber sich dauerhaft niedergelassen hat, eine Familie gründet und Nachkommen in seiner Burg aufzieht.

Was im Einzelnen also sinnvoll und erforderlich ist, kann nur vor Ort und zur Entlastung und Überstützung der Anliegenden der Gewässer ‑ am besten unter Einbeziehung von Fachleuten ‑ entschieden werden. Daher ist es wichtig, Betroffenen konkrete Ansprechpersonen und Handlungsoptionen zur Verfügung zu stellen. Einen rechtssicheren Rahmen kann ein Handlungskonzept für den Umgang mit Bibern bieten, das gleichermaßen den Ansprüchen des Natur- und Artenschutzes, des Hochwasserschutzes und der Land- und Forstwirtschaft Rechnung trägt. Auf dessen Basis sollen ein bestmöglicher Interessenausgleich erwirkt und Konflikte möglichst in frühen Stadien entschärft werden.

Wir möchten deshalb die Landesregierung beauftragen, zeitnah und gemeinsam mit den Betroffenen wie z. B. den unteren Naturschutzbehörden, den Unterhaltungsverbänden und den Anliegenden der Gewässer ein Konzept für den Umgang mit dem Biber zu erarbeiten und zur Verfügung zu stellen, damit die Flächen- und Gewässernutzung mit dem Artenschutz optimal in Einklang gebracht werden kann. Außerdem sollen den Unterhaltungsverbänden und den Anliegenden der Gewässer möglichst Beratungsangebote, fachkompetente Beratungsstellen und Ansprechpersonen zur Verfügung gestellt werden. Schließlich soll ein landesweites Biber-Monitoring aufgebaut und fortgeschrieben werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Sinne des Natur-, Gewässer- und Klimaschutzes sollten wir den Biber, so gut es nur geht, arbeiten lassen. Wo es zu Konflikten kommt, soll künftig das Bibermanagement Unterstützung und Lösungen bieten. Andere Bundesländer mit höheren Biberpopulationen wie Bayern, Baden-Württemberg oder Sachsen-Anhalt haben bereits Biber-Management-Konzepte eingerichtet. Das wünschen sich auch Wasser- und Unterhaltungsverbände in Niedersachsen, die auf uns in der Politik zugekommen sind. Wir wollen dieses Anliegen sehr gerne unterstützen.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen.

Vielen Dank.